35.0 Gefangenschaft - Außenkommando

Auch gab es Zeiten, muss ich gesteh'n
die waren damals für uns einfach schön.
So landete ich, vom Hauptlager nicht zu erreichen,
Mit Sack und Pack und dergleichen
östlich von Riga, mitten im Wald.
Was wir dort sollten, erfuhren wir bald.
Ein Feldlazarett war dort noch in Schuss,
es passte noch alles, wie aus einem GUSS.
Unser Trupp war ganz klein.
Zwanzig Leute mochten wir sein,
überwiegend Handwerker; ein paar Hilfskräfte dabei,
Zu dieser Kategorie zählte ich dabei.
Der Auftrag war, das Lazarett zu zerlegen
und es zum Abtransport zu bewegen.
In Plattenbauweise war es errichtet,
die Profis haben schnell gesichtet,
dass der Abriss recht schnell vonstatten geht.
Darauf wurde sich eingestellt, wir haben uns nur langsam bewegt.
Da wir kaum Bewachung hatten,
kam es unserem Trupp recht gut zustatten,
da wir nebenher in den freien Stunden
Mit Hilfe der Handwerker lohnende Arbeit gefunden.
Zumindest gab es immer reichlich zu essen.
Das habe ich bis heute nicht vergessen.
Nach Beendigung unserer Arbeit wurden wir verlegt.
Wir kamen dort hin, wo die Rigaer Prominenz sich bewegt.
Das war westlich von Riga, am Meeresstrand,
wo so manche schöne Villa stand.
Vor sowjetischer Zeit und ich bin sicher bis heute
Waren das die Sommersitze der reichen Leute.
Dort galt es, diese prächtigen Villen
herzurichten nach der Obrigkeit Willen
Für Genesungsheime und Kinderhorte.
Zur Auftragsvergabe genügten ein paar Worte.
Auch da konnten wir uns frei bewegen.
Bei privater Arbeitsuche kam uns das entgegen.
Wir kannten inzwischen fast jedes Haus.
Eines sah von außen recht passabel aus.
Innen aber war alles verwohnt,
jeder Handgriff hat sich dort gelohnt.
Ein altes Mütterchen hat uns empfangen.
Da bin ich beinahe rückwärts gegangen.
Sie ging voran, nein sie schlurfte nur
bis hin zur Küche über den Flur.
Gleich hockte sie sich vor den Küchenherd
und niemand von uns hat es ihr verwehrt.
Dass sie aus ihrem verschlissenen Kittel
Aus der Tasche zog eine Art hölzernen Knüppel.
Nein, es war ein qualmender Pfeifenkopf ohne Stiel,
der ihr wohl besonders gefiel.
Sie schmauchte Machorka mit großem Genuss
und zeigte uns, was getan werden muss.
Gelb-braun waren Decken und Wände
und total verrußt. Sie benutzte nur ihre Hände
Sie gab uns Anweisungen auf diese Weise.
Zwischen den Zahnlücken zischte sie leise,
gleichzeitig wurde in Töpfen und Pfannen gerührt.
Sie wusste sicher, was sich gebührt.
Und pünktlich dann zur Essenszeit
Stand die Mahlzeit für uns bereit.
Was wir aßen, weiß ich bis heute nicht.
Ich weiß nur, nie wieder solches Gericht.
Doch Hunger und Durst sind verteufelte Sachen,
die einen zum Allesfresser machen.
Auf dem Tisch liefen Hühner und zwei Katzen,
doch die störten uns nicht beim essen und schmatzen.


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