11.0 Ernstfälle

Unsere panzerbrechenden Granaten
brauchten auf ihren Einsatz nicht lange warten,
Dank der Geschütze Beweglichkeit
standen sie bei Angriffen schnell bereit,
bald waren sie hier, bald waren sie dort,
Kurz, an jedem benötigten Ort.
Wollten die Russenpanzer beginnen
in den umklammerten Kessel einzudringen
wurden sie durch Abwehrfeuer empfangen
und konnten nicht ans Ziel gelangen.
So hat der Unteroffizier Lilienthal
das eine wie das andere mal
ohne sich viel zu bewegen
DEM Feind gegenüber gelegen.
Trotz zerschossener Zieleinrichtung
Bestimmte er die Schussrichtung
durch des Geschützrohres Lauf
und hielt so russische Panzer auf.
So hat er gezielt und getroffen,
hat achtzehn von ihnen abgeschossen,
als Ritterkreuzträger wurde er bekannt,
die Diedrich-Lilienthal-Kaserne wurde nach ihm benannt.
Von den vielen weiteren Geschichten
möchte ich nur noch von einer berichten:
Die Artillerie-Funkerei hatte viele Verluste,
weil sie ganz mit nach vorne musste.
So wurden wir Funker nach dorthin beordert,
Zu denen, die uns angefordert.
Zu zweit wurden wir zu einem Offizier zitiert,
der als "Vorgeschobener Beobachter" fungiert,
Sein Einsatz befand sich vor den eigenen Reihen.
Da musste er wirken auf Verderb und Gedeihen.
Von dort galt es, unter erheblichen Schwierigkeiten
das eigene Artilleriefeuer auf Feindstellungen zu leiten.
Die Koordinaten gingen per Funk zu den Geschützen,
Sie wurden gebraucht, Geschosse optimal zu nützen.
Anfang Oktober war es, es war schon kalt,
da machten wir in der Bereitschaftsstellung Halt.
Da sah ich Soldaten, die auf der Erde unter bereiften Planen
im Freien aus dem Schlafe kamen.
Sie alle waren bald zum Angriff bereit
zum Befehl dazu war nicht mehr viel Zeit.
Die Russen haben die Absicht erkannt
und legten präzise ein Abwehrfeuer-Band.
Da, ein Heulen, ein furchtbarer Schlag,
Ich lag längs auf dem Boden, ganz flach.
Etwas, wie eine Faust so dick
traf mich hinten im Genick.
Es muss ein gefrorener Erdklumpen gewesen sein,
Ich kroch noch tiefer in den Boden hinein.
Russische Infanteristen hatten freie Sicht,
den Kopf anheben durfte man nicht,
dessen war ich stets eingedenk.
Dann traf ein Splitter mein Handgelenk,
Verbandspäckchen raus, die Hand verbunden,
das war eine Sache von Sekunden.
Das Funkgerät auf meinem Rücken
Bestand nur noch aus zerschossenen Stücken.
Im Filter der Gasmaske die ich bei mir gehabt
hatte sich ein Granatsplitter festgehakt.
Ich kroch zurück, ohne Funkgerät, mit blutender Hand,
als ich mich im Zielbereich von zwei Stalinorgeln befand,
Einschläge links und rechts von mir, vorn und hinten
ließen mich erneut zu Boden sinken.
Diese Salven übersteigen jegliches Fassungsvermögen
nur hoffend, dass die Granaten mich verschonen mögen.
Der Beschuss war vorüber, deutsche Soldaten jenseits vom Rübenfeld:
welches Glück hattest du, du lief durch unser Minenfeld.
Ich gebe es zu, da haben meine Beine gezittert.
Wie bin ich doch ausgelaugt, dachte ich verbittert
Später im schützender Bunker dann
sah ich mir meinen Stahlhelm an,
und fand dabei an einer Stelle
Eine gar nicht mal so kleine Delle.
Diesen Tag, es zu sagen ist nicht vermessen,
werde ich nie in meinem Leben vergessen.
Da ließ der Herrgott seine Gnade über mich walten -.
So wurde bis zum Rückzug der Kessel verteidigt und gehalten.
In Etappen, wohlgeordnet, die Rückzugsbewegung begann,
und so kamen wir in Lettland, in Windau, an.


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